Die Legende Barbara

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Am 4. Dezember jeden Jahres feiern die Artilleristen und Bergleute in aller Welt das Fest ihrer Schutzheiligen Sankt Barbara. Warum gerade sie, deren Geburtstag der 4. Dezember des Jahres 235 ist, hierzu erwählt wurde, kann man nur verstehen, wenn man folgende Legende kennt:

Zur Zeit, als Maximinus Kaiser zu Rom war, lebte in Kleinasien ein heidnischer Fürst mit Namen Dioskorus, der zornmütig und grausam war und nur eine gute Eigen- schaft hatte, die Liebe zu seinem Töchterlein Barbara. Das Kind war schön und klug wie kaum ein zweites, und je mehr das Mädchen heranwuchs, desto schöner wurde es. Der Vater ließ seine Tochter nicht unter die Menschen gehen, damit sie verschont bliebe von der Bosheit der Menschen und allem Leid der Welt. Er ließ eine Turm bauen mit schönen Kammern. Darin verwahrte er sie wie eine Ge- fangene. Aber Barbara fühlte diese Gefangenschaft nicht, denn der Vater bestellte ihr weise Lehrer, die mussten sie nach allen Künsten und Wissenschaften unter- richten. In ihrer Einsamkeit sah sie oft sinnend auf zu den Sternen am Himmelszelt, und ihr Herz stellte die Frage nach dem Ursprung der Welt und alles Geschaffenen. Die Antworten der heidnischen Lehrer konnten sie nicht befriedigen, und ihr Herz suchte den lebendigen Gott, der die Erde und den Himmel mit Liebe und Erbarmung umfasst. Man weiß nicht, wer solchen Glauben in ihren Turm getragen hat; aber sie wurde in aller Stille eine Christin.

Da sie nun zur Jungfrau erblüht war, kamen Königssöhne und hielten um ihre Hand an, denn sie hatten von der Schönheit und Lieblichkeit des verborgenen Königs- kindes viel Wundersames vernommen. Dioskorus hätte gern seine Tochter einem Prinzen vermählt, denn sein Herz hing an Ehre und Ruhm. Doch Barbara lehnte alle Anträge ab und wollte nur Ihren Bräutigam Christus leben. Darüber ward der Vater zornig und sprach: „Du bist noch jung an Jahren, darum will ich dir Bedenkzeit gewähren, wenn ich aber übers Jahr von meiner Fahrt heimkehre, will ich deine Hochzeit bestellen.“ Weil es ihm aber leid war, dass er so hart gegen sein Kind sein sollte, bestellte er die Handwerker. Die sollten in den Turm eine neue Kammer mit zwei Fenstern und mitten innen einen Springbrunnen mit einem großen Wasser- becken einrichten; damit dachte er, Barbara erfreuen und sie seiner väterlichen Liebe zu versichern. Als er solches alles angeordnet hatte, reiste er übers Land.

Da nun der Vater fern war, bat Barbara die Bauleute, sie möchten doch drei Fenster in die Mauer brechen, denn sie dachte bei sich: „So Gott will, soll dies meine Taufkapelle werden, und weil es drei sind, die die Welt erleuchten, Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist, soll auch diese Kapelle von drei Fenstern erhellt werden, damit ich stets an die Heilige Dreifaltigkeit gemahnt werde.“ Gott erfüllte ihres Herzen Wunsch, und Barbara empfing durch einen Priester in der Kapelle die Taufe.

Ein Jahr war darüber vergangen, da kehrte Dioskorus von seiner Fahrt zurück und hoffte, seine Tochter willig zu finden. Von weitem sah er die drei neuen Fenster im Turm und wunderte sich, und als er angelangt war, stellte er zuerst die Bauleute und hernach Barbara zur Rede, die ihm ohne Furcht gestand, dass sie getauft sei. Da sah sich der Vater um alle Hoffnungen betrogen, und ein furchtbarer Zorn übermannte ihn. Er eilte selbst zum Richter und sprach: „Meine Tochter ist eine Christin geworden und hat mir damit große Schmach angetan, peinige sie, damit sie von ihrem Irrtum ablasse.“ Der Richter ließ Barbara vor sich führen, und da er sah, wie schön und lieblich sie war, hatte er Mitleid mit ihr und sprach: „Rette dich selbst, Barbara, und opfere den Göttern.“ Aber sie entgegnete, dass sie nie- manden opfern wolle als nur ihrem Herrn Jesus Christus. Da ließ der Richter sie geißeln und ins Gefängnis werfen, doch Barbara blieb standhaft, und alle Martern fruchteten nichts. Zuletzt ward sie von ihrem eigenen Vater mit dem Schwert gerichtet. Aber im gleichen Augenblick rächte der Himmel dieses Verbrechen: Ein greller Blitz, von krachendem Donner begleitet, tötete den Vater auf der Stelle.